Es gibt keinen Grund, die Wahrheit zu entdecken
Es gibt keinen Grund, schön zu sprechen und Fehler zu vermeiden
Es gibt keinen Grund, schön zu schreiben und nicht von den Seiten abzuweichen
Es gibt keinen Grund, ein Synonymwörterbuch zu benutzen
Es
gibt keinen Grund, vom einen Ufer zum anderen zu gehen. Die Wiese dort
ist nicht grüner, und die Sonne ist sowieso dieselbe. Der Briefkasten
ist leer und das i ist voll von mail. Also gibt es keinen Grund, noch
einmal nachzusehen, denn die Welt dreht sich weiter in die gleiche
Richtung.
Es gibt keinen Grund, die Tür zu öffnen. Offene Türe
werden in Zukunft geschlossen und es gibt keinen Grund, ihr Zuschlagen
zu behindern. Hallo! Wie geht’s? Darf ich eine Zigarre anbieten?
Schnaps? Zufällig habe ich hier einen Gedichtband. Gehst du schon?
Danke schön. Es gibt keinen Grund, Artikelsammlungen, die bald in die
Archäologie gehören, zu behalten. Es gibt keinen Grund, Sachen zu
horten. Man kann eine Schamanenzeremonie vollziehen und sie feierlich
verbrennen.
Es gibt keinen Grund, jeden Satz mit demselben Wort zu
beginnen, auch wenn es einen guten Grund dafür gibt. Es gibt keinen
Grund, die Gründe für den Anfang jedes Satzes mit demselben Wort zu
diskutieren. Es gibt keinen Grund, mit Konsonanten- und Verkehrsregeln
streng zu sein, denn es ist klar, dass die Regeln den Massen gewidmet
sind, die weder Vernunft besitzen noch Augen, nach rechts und links zu
schauen.
Es gibt keinen Grund, die Fenster aufzuschließen und
einen Dialog mit dem Zeitgeist zu führen. Es gibt keinen Grund, eine
Spende für den Umbau einer Autobahn, die das Schutzgebiet nicht
durchquert, zu geben. Eine alte Sprache wird da geschützt. Ihre letzten
Sprecher sterben in diesem Augenblick und der einzige Gedichtband ist
ein zahnloser Siebenundneunzigjähriger (Es gibt keinen Grund, ihm neue
Zähne zu implantieren. Stattdessen kann man 20 kleine schwarze Kinder
vom Hunger retten [Es gibt keinen Grund, das Wort schwarze durch ein
anderes zu ersetzen]). Der alte wird auch ohne Zähne zu recht kommen,
bis er mit der alten Sprache verendet. Mittlerweile isst er weiche
Nahrung im Schutzgebiet. Es gibt keinen Grund, ihn für die nächsten
Generationen aufzuzeichnen. Es gibt keinen Grund, weitere Generationen
in die Welt zu setzen.
Es gibt keinen Grund, von Anfang an zu
addieren, zu sortieren, zu verkürzen oder auszuführen. Die Tür öffnet
sich, Shabat kommt zu Besuch. Die Königin macht sich lustig über den
Zahnlosen. Sie ist geschützt und braucht daher kein Schutzgebiet. Man
braucht sie nicht aufzuzeichnen. Wenn sie redet, hört sie nicht mehr
auf zu sprechen. (Und sie versteht keine Zeichen. Man muss warten bis
sie geht. So ist sie; kommt und geht). Der Zahnlose schaut sie
wunderlich an. Man braucht sie nicht abzuschaffen. Sie ist ja geschützt.
Es
gibt keinen Grund, richtig zu denken und überhaupt zu denken. Das
Denken: das Handwerk der Massen; zwischen einer Handbewegung zur
anderen finden sie Zeit Gründe zu finden, wobei die anderen, deren
tägliches Brot Konsonant und Verkehr sind, sich keine Gedanken zu
machen brauchen und keinen Grund haben, Shabat einzuladen oder
auszuweisen.
Es gibt keinen Grund, zu sammeln, aufzubewahren,
aufzuzeichnen und Nachkömmlinge zu schaffen. Sie werden keinen Grund
haben, es zu gebrauchen. Es gibt keinen Grund, den Kopf nach vorne,
nach oben oder nach hinten zu wenden. Einen guten Grund haben, einen
Dorn zu ziehen, eine Flasche Wein zu entkorken, einen Kuss auf die Wand
zu kleben, den Atem anzuhalten:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11
.......................................
....................
.
Der
Zahnlose hört keine Musik, auch wenn er über ein paar seltene Aufnahmen
verfügt. Er lässt die Luft lieber leer. Er bezieht sich auf die
Menschen, die abwechselnd seinen Stamm ausrotten und ihn aufzeichnen,
wie er sich auf die Naturkräfte bezieht. Wenn die Temperatur steigt,
isst man Obst. Wenn die Temperatur sinkt, fügt man Kohle in den Ofen
hinzu. Wenn es regnet, zieht man einen Regenmantel an und macht keine
Vorwürfe derart: „ Du Regen, wieder hast du meine Wäsche befeuchtet!“.
Der Mann, der keine Musik hört, beschwert sich nicht.
Ab und zu
kommt Zugluft herein: Der Mann lehnt sie nicht ab. Er spielt eine
leichte Musik, nicht unbedingt eine seltene Aufnahme, und hört zu:
„nicht nur Geist, sondern auch Körper“
„nicht nur Wörter, sondern auch Dinge“
„nicht nur theoretische Texte, sondern auch Literatur“
„nicht nur das Auge, sondern auch die Stimme“
„nicht nur das Machen, sondern auch das Nichtmachen“
„nicht nur das Nützliche, sondern auch das Nichtnützliche“
„nicht nur das Geplante sondern auch das Ungeplante“
„nicht nur was hier ist, sondern auch das Nichthiersein“
„nicht nur Grund, sondern auch Ungrund“ |