Jan Niklas Henning:

Nur nicht allein

Er wollte sterben, und nichts so sehr wie das.
Doch nicht allein und verlassen.
Den Cocktail aus Wodka und Schmerztabletten schon vor sich stehend, griff er zum Telefonhörer.
Er wählte eine 0190er Nummer und eine Frauenstimme am anderen Ende hauchte: „Dies ist ein Service von Intersat, für nur 3,65 DM pro halbe Minute!“
Zuerst schluckte er, doch dann dachte er, daß nur der Tod gratis sei und lehnte sich entspannt zurück.
Er nippte am’ Glas und wurde von einer weiteren Dame nach seinem Namen gefragt.
„Bertram“, antwortete er.
„Hallo Bertram, was macht dich denn so richtig geil?“, legte die nette Damenstimme gleich los.
„Ich will eigentlich nur reden!“, sagte er und nahm einen weiteren Schluck zu sich.
„Okay! Dirty-talk oder Schmusestories?“, wurde er gefragt. „Weder noch, ich will nur etwas Zuneigung!“
„Wenn Dich das anmacht. Also ich bin schon richtig geil!“, offenbarte die Dame ihm ihre Zuneigung.
Bertram nahm einen kräftigen Schluck und raunzte schon etwas lallend: Ich mach’ gleich was, was ich schon ewig tun wollte!“
„Na supergeil, na endlich, gut so! Na, spürst du schon was?“, fragte sie. Er trank das Glas aus und antwortete:
„Ja und wie! Toll, die pure Erlösung. Ich danke ihnen!“, er ließ den Hörer fallen und schloß die Augen.
Weit, weit entfernt hörte er noch ihre Stimme, die flüsterte: „Bleib’ doch noch dran, wir können noch endlos Spaß haben, du geiler Bock!“ Die Stimme wurde stetig leiser, bis sie schließlich ganz verschwand.

 

Theodora präsentiert

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