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Verdächtigen

 

 

Lösungen

Zusammenfassung der Gerichtsverhandlung um den Mord an einer jungen Autorin in Theodoras Literatursalon

Tatverdächtig waren alle anwesenden Zeugen. Es waren nämlich alle Damen und Herren zum Zeitpunkt des Verbrechens anwesend und alle hätten mindestens ein Motiv gehabt:

1. Herr Roy Schmidt hat offenbar eine kriminelle Ader. So berichtete Frau Althaus, Herr Schmidt habe ihr versilbertes Nageletui gestohlen, als er ihr Klavier stimmen sollte. Im Literatursalon setzt sich Herr Schmidt immer neben neue Autorinnen. Es besteht der Verdacht, dass er ihre Texte stiehlt. Mit seinen Pranken könnte er problemlos auch kräftigere Frauen erwürgen, was in seltsamem Widerspruch zu seinem Beruf als Klavierstimmer steht, in dem er Feinarbeit leisten muß.

2. Carla Lachmann war nach den Aussagen der anderen Zeugen am besagten Abend sehr unruhig. Sie, die eigentlich Nichtraucherin ist, verschwand zwischenzeitlich zum Zigaretten holen. (Die Zigarettenautomaten befinden sich bei den Toiletten, wo das Opfer gefunden wurde.) Anschließend habe sie nervös die Hände geknetet, hieß es. Nachforschungen haben ergeben, dass Frau Lachmann bereits einmal wegen Mordes an ihrer Mutter angeklagt war. Sie habe ein sehr schlechtes Verhältnis zu ihrer Mutter gehabt und außerdem, gemeinsam mit der Großmutter, deren Apotheke geerbt. Damals konnte ihr nichts nachgewiesen werden. Frau Lachmann gilt als extrem kritikempfindlich. Die Erfolge der ermordeten Autorin und deren Verrisse ihrer eigenen Texte soll sie nur schwer ertragen haben.

3. Lisa Althaus machte sich vor allem durch die Behauptung verdächtig, nicht sie, sondern ihre arbeitslose Zwillingsschwester sei im Literatursalon gewesen. Die Existenz dieser Zwillingsschwester wird bezweifelt. Frau Althaus war am besagten Abend in Begleitung eines ihrer Schülers da, mit dem ihr ein Verhältnis nachgesagt wird und der anscheinend darauf geachtet hat, von dem Opfer nicht gesehen zu werden. Nachforschungen ergaben, daß das Opfer eine enge Freundin der Mutter des Schülers war. Die Geschichte, die das Opfer an drei Salonabenden in Fortsetzung vorlas und mit der sie dreimal den Contest gewann, erzählte von dem erotischen Verhältnis einer ältlichen Lehrerin mit ihrem Schüler...

4. Marlene Kreusch, die immer leicht verspannt wirkte, soll großen Wert darauf gelegt haben, zur Berliner Literaturszene dazuzugehören. Sie wurde in den letzten Monaten auf jeder Lesung, in jedem Salon und auf jedem Poetry Slam gesehen. Zeugen vermuten, sie hätte einen starken Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit oder Familienersatz. Mit dem Opfer, der erfolgreichen Autorin, habe sie versucht Freundschaft zu schließen, sei aber immer abgewiesen worden. Am Abend der Tat hörten Zeugen, wie das Opfer Frau Kreusch mit den Worten verhöhnte: "Entspann dich mal und beiß nicht dauernd die Zähne zusammen, sonst siehst du genauso spießbürgerlich aus wie du schreibst!"

5. Herr Wischnewsky machte als Lichttechniker der Alten Kantine dadurch von sich reden, dass er die literarischen Veranstaltungen stets mit sehr unqualifizierten Zwischenrufen störte. Nur bei den drei Lesungen des Opfers, so berichten Zeugen, habe er den Mund gehalten. Am Tatabend habe er nur leise gemurmelt: "Dieses mal gewinnst du nicht." Nachforschungen ergaben, dass Herr Wischnewsky mit dem Opfer auf einer Schule und im gleichen Deutschkurs gewesen war. Damals soll er selbst bescheidene literarische Versuche geschrieben haben, zum Spott seiner Mitschüler. Herr Wischnewsky hat angeblich gegen Ende der Salonveranstaltung eine Glühbirne im Damenklo wechseln müssen. Die kaputte Birne wurde im Müll jedoch nicht gefunden.

Verurteilt wegen Mordes an der jungen Autorin wurde nach langer Verhandlung schließlich Lisa Althaus.