Xóchil A. Schütz:

Berber

Ich traf Dich am Hansaplatz, letztes Jahr Mitte September. Wir standen im U-Bahnhof und schauten beide auf die Uhr. Wir lächelten uns an, und ich sagte „Hast Du’s auch voll unnötig eilig?“ Du wußtest nicht, ob Du Lachen oder Schreien willst, und ich fand Dich noch sympatischer. Wir liefen zur Elberfelder Straße und setzten uns vor’s Promo. Wir tranken beide Kaffee und redeten nicht viel. Als es dämmrig wurde, gingen wir ans Spreeufer. Es war ein warmer Abend, und wir legten uns ins Gras. Wir kratzten uns Mückenstiche auf und hingen unsren Gedanken nach. Du hast überlegt, was Du machen kannst, Konzerte manegen, Studieren, Modeln oder Dich selbständig machen mit irgendeiner Idee, und bist auf soviel gekommen, daß nichts mehr wichtig schien. Wir haben uns angeschaut und gelächelt. Du kamst mir vor wie ein Nuckel oder ein Teddybär, und vielleicht ging Dir das ähnlich mit mir. Wir haben gelächelt und weitergelächelt und das Ziehen im Brustkorb und zwischen den Ohren voreinander versteckt. Du hast versucht, zu Scherzen, aber ich hab nicht wirklich gelacht, und Dir war ja auch nicht danach zumute. Ich hab meine Pläne für morgen mit der Hand in der Erde vergraben. Ich hab uns ein Sixpack an der Tanke geholt, und das Vergessen ging noch besser. Unsere Bierküsse haben geschmeckt, und Deine Hände wurden warm auf meinem Bauch und unter meinen Achseln. Ich hab meinen Kopf in Deine Armbeuge gelegt, und Du hast mir erzählt, was ich genauso hätte sagen können. Da hab ich leise geheult. Als die letzte Flasche leer war und schon lang keine Zigarette mehr da, standen wir auf. Ich schlang mich um Deinen Körper und Du fuhrst mir durch das Haar. Wir standen so eine lange Zeit, dann ging ich allein zu mir. Du riefst mich an zwei Tage später und wir tranken Kaffee und schwiegen viel. Wir tranken Bier und küssten uns gegen das weiße Tier Einsamkeit, gegen den Unsinn, da zu sein. Wir küssten uns in die Welt ohne Hochsee und Tiefgang, wir küssten uns und waren zu zweit, besser als alleine. Wir trafen uns ein- oder zweimal die Woche und zeigten uns nie, daß wir warten; aber gewartet hast Du doch auch. Ende November war’s draußen kalt, es hatte schon gefroren. Wir saßen im Promo, Du trankst drei Tassen Kaffee und ich einen großen Kakao. Ich hab Deine Hand gefasst und gelächelt, und das galt Dir und nicht mir selber; war es deshalb? Wir liefen noch einmal am Ufer lang, und fanden uns beide sehr komisch. Zum Abschied haben wir nicht viel gesagt, und dabei ist es geblieben.

 

Theodora präsentiert

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