Theodoras Literatursalon
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Gestatten: Theodora

Theodora erblickte im Juni 1999 das trübe Licht der Welt, das sich an den reichdekorierten Salonwänden im Separée des Hauses Theodor Tucher brach. Dort wurde sie allwöchentlich wohlgenährten Bürgersöhnen und -töchtern vorgeführt, die aus touristischen oder geschäftlichen Gründen dieses vornehme Speisekabinett mit Leselounge am Brandenburger Tor aufsuchten. Zwischen meterdicken Ledersesseln und Biedermeierbildern wurden unter den angetretenen Jung- und Nicht-mehr-JungautorInnen in freundschaftlichem Wettstreit die Sieger des Abends ernannt, die ihre Texte den Gästen von einem Balkon herab in die Teller lesen durften.

Dann kam sie in die Pubertät. Und wurde widerborstig.

Hartnäckig weigerte sie sich, einen den familiären Erwartungen gemäßen Beitrag zur Haushaltskasse beizusteuern und verließ erhobenen Hauptes das Elternhaus. Gab sich Theodora bisher, brav Kind, als „Theodor Tucher(s)-Literatursalon“ aus, lebte sie nun offen und frech ihre Weiblichkeit und wilderte mit Kinder- und JugendfreundInnen im Arkona-Filmtheater durch die Säle.

Diesen Lebenswandel konnte Pflegevater Jens auf Dauer nicht finanzieren, mußte er doch auch noch jede Woche eine Kinokarte als Trophäe fürs literarische Flaschendrehen zuschießen. Theodora zog sich ihre Netzstrümpfe an und wurde bei Kulturinstitutionen vorstellig. Da sie aus einer Bierfamilie stammt, wurde sie sich mit der Kulturbrauerei rasch einig und störte sich nicht weiter daran, daß sie ihre öffentlichen Empfänge von Montag auf Dienstag verlegen mußte.

Die Brauerei jedoch ging mit Berlin in die Pleite und Theodora wieder auf Suche. In Friedrichshain, Heimatbezirk der Salonière Katrin, gab sie ein Intermezzo im berüchtigten "Rasputin", fühlte sich dem Bartwuchs jedoch auf Dauer nicht gewachsen und hatte dort auch nicht genügend Platz für alle treuen und neuen Literaturinteressierten. Auch das Café Sibylle war auf Dauer nicht der richtige Ort und so beschloß Theodora, ihr Schicksal endlich anzunehmen und sich zukünftig als ewig Wandernde zu betrachten. Der Salon findet ab sofort nur nuoch unregelmäßig statt. Er präsentiert an ausgewählten Orten ausgewählte Autorinnen und Autoren. Informiert wird darüber auf dieser Seite und über unseren e-mail-Verteiler.


Einige Texte, die Theodora vorgelesen wurden, finden sich hier auf diesen schönen Seiten. Oder sie steckt sie in ihre besten Netzstrümpfe, um VerlegerInnen zu verführen.


Theodora im großen Saal des „Arkona“ © by Dietmar Gust

 
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