Liebe Freundinnen und Freunde!
Im Folgenden findet Ihr einen offenen Brief
an den dt. Außenminister, den wir mit möglichst vielen Unterschriften an ihn
übergeben möchten.
Offener Brief an den deutschen
Außenminister
Göttingen, den 13.9.2001
z.K. an kommunale Ebene: alle Fraktionen und Stadtverbände, DGB
an Landesebene: Fraktionsvorsitzenden aller Landtagsparteien, Oppermann
an Bundesebene: alle Bundestagsabgeordneten: Trittin, Wettig- Danielmeier, Süßmuth
Deeskalation und Besonnenheit anstatt Vergeltung / Nur ein kühler Kopf hilft
gegen Gewaltspirale
Sehr geehrter Herr Fischer,
wie alle Menschen in diesen Stunden sind auch wir geschockt, sprachlos und fühlen
uns ohnmächtig gegenüber der menschenverachtenden Brutalität der Täter, die
dieses Inferno in den USA verursacht haben. Trauer und Anteilnahme um die Opfer
und deren Angehörige stehen im Vordergrund - viele haben Verwandte und Bekannte
in den USA, machen sich große Sorgen um die aktuelle Situation vor Ort, stehen
fassungslos vor dem Fernseher....
Unsere größte Sorge gilt jedoch den politischen Entscheidungen, die in den kommenden
Stunden und Tagen getroffen werden. Wir befürchten eine endlos sich steigernde
Spirale der Gewalt. Wir befürchten eine neue Brutalisierung von Konflikten.
Wir, das sind eine Gruppe von alten und jungen, deutschen und aus anderen Ländern
kommenden Menschen, die sich seit vielen Jahren im Göttinger Zeitzeugenprojekt
mit den Folgen der nationalsozialistischen Gewalt auseinandersetzen. So wie
wir die Verständigung zwischen den Generationen suchen, setzen wir uns auch
in vielen aktuellen politischen Fragen für den Dialog zwischen den verschiedenen
Kulturen ein. Unsere Motive, als "kleinste Einheiten" auf diese weltpolitisch
dramatische Situation zu reagieren und uns direkt an Sie zu wenden, sind vielfältig:
a.. Nicht tatenlos zusehen wollen:
Demokratie lebt von der Mitwirkung eines jeden einzelnen: wir wollen und können
nicht tatenlos zusehen, wie eventuell kriegstreiberische Entscheidungen in blitzartiger
Schnelle getroffen werden - weil wir wissen, daß Rache nur neue Rache hervorruft.
b.. Stimmen aus "dem Volk": "Das
'deutsche Volk' steht hinter den 'amerikanischen Freunden', die Vergeltung wollen.
Sätze wie diese vereinnahmen auf eine nicht zuertragende Weise. Wir stehen nicht
hinter einem Präsidenten Bush, der von Vergeltung spricht, wo wir alle wissen,
daß es Vergeltung für die vielen Todesopfer nicht geben kann. 'Vergeltung' trifft
in aller Regel unschuldige Zivilisten.
c.. Fundamentalismus bekämpfen
ohne neuen Haß zu schüren: Wir alle haben Angst vor Extremismus und fanatischer
Religiosität. Dies darf aber nicht dazu führen, nur noch in militärischen Kategorien
Wege der Lösung zu suchen.
d.. Keine Freiheitsbeschränkung
im Namen der Freiheit / KeinAnti-Islamismus: Wir befürchten, daß die Stimmung
von Angst und Unsicherheit auch in unserem Land zur Freiheitsbeschneidung in
der Bevölkerung ausgenutzt wird. Wir befürchten, dass in der Bevölkerung durch
die Medien und auch durch undifferenzierte politische Äußerungen eine Stimmung
geschürt wird, die jeden Menschen islamischen Glaubens in die Nähe des Terrorismus
rückt, und damit politische Inhalte und Fragen unnötig personalisiert. Wir möchten
wie die belgische Tageszeitung "De Standaard" vom 12.9.2001 vor unüberlegten
Reaktionen auf die Terrorwelle in den USA warnen: "Es droht die Gefahr, daß
- noch bevor die wahren Schuldigen bekannt sind - vor allem die arabische Welt
an den Pranger gestellt wird. Die Bilder tanzender Palästinenser in den Straßen
dürften die Gefühle vor allem in den Vereinigten Staaten noch anfachen. Will
Washington nicht in eine sinnlose Spirale der Gewalt geraten, dann gibt es allen
Grund, einen kühlen Kopf zu bewahren und gezielt zu reagieren. Gleichzeitig
ist es nun an den arabischen Ländern, sich vom Terrorismus zu distanzieren."
Wir erwarten gerade von Ihnen
als grünem Minister, dass Sie sich für folgende Haltungen und Maßnahmen einsetzen:
1.. Deeskalation: Keine militärische
Scheinlösung! Setzen Sie sich mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln
für eine konsequente weltweite Terrorismusbekämpfung und den Zivilschutz ein.
Ein erneuter Aufrüstungswettlauf wäre fatal. Aus der Friedens- und Konfliktforschung
wissen wir, dass Gewalt nicht mit Gewalt zu bekämpfen ist.
2.. Rolle Europas: Wir sehen die
Bedeutung Europas gerade darin, in besonnener und deeskalierender Weise auf
die Politik der Regierung Bush Einfluß zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen Freie
Altenarbeit Göttingen e.V./ Zeitzeugenprojekt
Wer diesen Aufruf unterstützen will, mailt
ihn an möglichst viele Freunde weiter. Mailt euren Namen und eure Adresse
an: FreieAltenarbeitGoettingen@t-online.de
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Liebe Grüße, Kathrin Helbig, Freie Altenarbeit Göttingen e.V.
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