lauter niemand - bio - prosa - lyrik - poetik
 
Björn Kuhligk
 
 
lauter niemand 2
 
Paris ist eine Fahne
(für Anja)
,J'ai peur, quand tu dors"
(Yvan Goll)
 
Wir fuhren achtspurig in Paris ein 
das Laternenlicht zog 
in zwei langen Schnüren mit uns

ich hatte meinen rechten Arm 
um dich gelegt und dir eine Kußspur übers Gesicht gezogen

du schliefst 
und warst woanders 
im Traum

(die Ungeheuer, weiß du)

ob ich dich treffen kann 
auf der anderen Seite des Schlafes 
immer schleichst du dich davon

und ich allein 
mit der Ungewißheit 
zu träumen nach dir

blaue Verkehrsschilder 
leuchten ein Bild 
auf meine Stirn

(die Warteschleife, weißt du)

auf deinen Wangen 
ruft sich der Beischlaf aus
 
 
u- bahn
 
Die Tür schlägt zu das ist der Anfang 
sie schlägt als gäbe es nur dieses eine 
nerventötende Klicken das ist der Anfang 
eine Frau sie hat das Drücken auf den Augen 
den Traum darunter hat sie ein Baby 
auf dem Arm sie trägt zwei Augen 
durch die Bahn sie trägt drei Kilo Mensch 
in einem durch den Untergrund 
rasenden Raum das ist der Anfang 
einer berührt sie entschuldigt seine Haut 
sieht auf den Boden die Frau die sieht ihn an 
hat zwei Augen auf dem Arm die sehen alles langsamer 
ordnen Bild an Bild dahinter liegt ein warmer Bauch 
und das ängstliche Pumpen der Mutterherzmaschine 
auf den dröhnenden Asphalttrassen