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gedichte |
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3. preis für weltsame lyrik (2006) |
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Der Gewinner des lauter niemand lyrikpreises 2006 ist René Hamann mit dem Gedicht "stadtkrank und faul". |
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lauter niemand dankt allen Autoren, die sich dieses Mal noch zahlreicher als bei den letzten beiden lauter niemand lyrikpreisen mit ihren Gedichten beteiligt haben, was das gestellte Thema „Faulheit“ nicht unbedingt erwarten ließ. Überraschend war auch, wie verschieden „Faulheit“ interpretiert wurde, was häufig zu der Diskussion führte, ob der Autor sich mit der Vorgabe überhaupt befasst hatte. Letztlich gab es dann jedoch nur wenige Gedichte, bei denen nicht wenigstens einer der Juroren einen plausiblen Bezug fand oder erfand. Bei den Gedichten in unserer engeren Auswahl fiel uns die Entscheidung schwer, daher ließen wir sie im lauter niemand literaturlabor vom Publikum diskutieren. Hatte jeder der Juroren am Ende auch noch andere Favoriten im Auge, so war die Entscheidung für das Gewinnergedicht des dritten lauter niemand lyrikpreises am Ende jedoch eindeutig: Es heißt „stadtkrank und faul“. Die wunderschöne Urkunde und das üppige Preisgeld von 100,- € gingen damit an René Hamann und wurden auf unserer gut besuchten Lesung zum Erscheinen von „no-man´s land“ überreicht. Nach Tom Schulz und Ron Winkler ist damit, obwohl für drei der vier Juroren die Texte anonym waren, wieder ein lauter niemand verbundener Autor zum Gewinner gekürt wurden. Dies ist allerdings keine Überraschung, da dieser kaum publik gemachte Wettbewerb zwar für jeden offen ist, aber ein Vergnügen sein soll vor allem für jene, die lauter niemand kennen oder die uns bekannt sind, was bedeutet, dass er unter verschärften Bedingungen stattfindet. Die Auswahl der Gedichte, die ebenfalls besondere Unterstützung durch einzelne Juroren oder im Publikum fanden, stellen wir als schwachen Trost für die nicht berücksichtigten Favoriten zusammen. Doch sind auch die Gedichte in ihrer Gesamtheit als Versuch einen schwer zu greifenden Zustand in Worte zu fassen lesenswert. |
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gewinnergedicht |
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René Hamann |
stadtkrank und faul
die zeichen sind schön.
die theophanie auf dem sofa, ihre beine
lässig angeschraubt, im teleprompter
die wortkargen sonntagsmittagsdialoge.
ich nehme ihre hände, ihre finger
brauchen mich, und vielleicht werden wir
für immer in diesem zimmer bleiben
widerstandslos, stadtfaul und krank
seitdem ich aus dem zug gestiegen bin
seitdem ich in dieser stadt hause
bin ich krank, sage ich, seit ich sie kenne
möchte ich nirgends mehr hin.
evolvierte akrophobie, sexualität
und armut. die zeichen sind schön.
es liegt an den händen und der abwesenheit
von macht, pflicht, zwang.
keine diadochen, keine waschbären
heute morgen, als wir aufwachen wollten
schliefen wir noch, jetzt schlafen wir wieder. |
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Alle Einsendungen wurden hier Tag für Tag anonym
veröffentlicht |
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NEBELMOND,ACH
nur die Laterne vor'm Balkon
verheißt,(wirkt warm zumindest)
javorbei
vorbei zu sein scheint alles ja
wenn Herbst nicht weit vom Stamm
fällt, verrottet, vereist
weißt du noch?
unter dem Nußbaum die Ameisen?
und jetzt? -
in Photozellen laß' mich denken,
in Ruhe,
wie ein Faultier lächelt und träumt,
die ungewertete Zeit
als Amulett
zu tragen
wäre |
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Bei uns wächst der Präriestaub
hüfthoch
Sag ich dir und die Siedler zahlen ihr Bier
In
Sneakersträumen hier an Vorgesternmondtagen
Treiben Möglichkeiten träge über die weiten Brachflächen
Die wir wie Federspiegelungen
im grünen Wasser
Mit Jazztrompeten füttern dazu die Traumsuppen in Ehren
Erkalten
damit die gedörrten Atmosphären
Kein Kiemenzittern bekommen beim kosmischen
Tschingabum und Summenrechnungen
ungerührt
Gilben können in der blauen Luft wo Vogelaugen
Autumn
leaves think of the blitzen
Und wenn ein Kerl in ungewaschenem T-Shirt
Einem Mädchen den Bauchnabel
kitzelt dann
Lacht es hell und östlich hier glaube mir sag ich
Ja
und erübrig dir den Schattenwurf
Der nackten Füße überm Wasser |
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heiße luft, angenehm
daunen schwebt, oder ein distelflocken,
durchs bild, du drehst, du streckst dich.
willst ihn wohl aus seiner schwebe pflücken -
ein hauch, ein bö, ein sturm, der
deinem griff voraneilt,
hat ihn schon! und bellt nicht. |
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am ammer see
mit dem volksmund
im badezug zum
bauernsee
meine schritte
versanden
müßig
eine gumminsel
(orange)
mit palme
(lila)
schwankt
zwischen einmastern
hinter den blicken
die berge
als schnittmuster
für eine krone |
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schwindel I
mit geschlossenen augen einen
haltlosen garten entrollen
ein so sorgloses blaues
tuch himmelhoch ausgebreitet
kein platz für die füße
irgendeinen ordnenden strich |
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mit schlauen affen
saßen sie und ich
(iners) auf der eiche
schwarze fladen wuchsen uns
ihr und mir
auf der zunge
die kratzten die katzen
den bären aus
(eine schräge kreuzblende
liebe am nachmittag)
der verweser trat auf die stelle
um diesen läppischen städten
in zweilagigen einheiten autolytisch
an der kernpore schon zu entrinnen
sie sind in uns die würmer
von innen nach außen
treibt es sie müßig
beiläufig schwappt die energie
in jeder form hinfort
maßlose teilchen flimmern
ruhelos am ufer
liegt eine kleine leiche
quellen strömen in die wirbel
durchforsten die raumgebiete
ihrer gefalteten trägheit
es verharrt im moloch die made
im slum schöpft das wasser
das kind siecht dahin
(au weia) ich lehne hier
rücklings auf dem boden
und sie träumt es. |
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gelegen
im moment des erwachens
begriff sie
heute
waren ihre beine zu kurz
um sich
den berühmten tritt
in den hintern zu verpassen |
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sich treiben lassen
brandung für brandung
schaukelt dich
geräuschvoll
genuß genießen
weil 2 arme und ein
bankonte
dich auffangen
unerledigte dinge
schlechtes gewissen
doch onan der barbar
führt dich in den
schlaf
dein hintern
könnte mir
jetzt
etwas bewegung
verschaffen
wenn er da wär
dann könnte ich
auch
was zum essen
bekommen
egal
muß sowieso
abnehmen |
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12 Thesen zu Deutschland
1 Die Entnazifizierung ist nicht gelungen
- Noch immer wühlt in der Tiefe das braune Ungetier
- Echidna mit den Drachenzähnen und Sauklauen
- Gepflanzte Männer verweisen andere auf ihre Plätze
2 Die Nominaldemokratie ist noch vom Totalitarismus durchdrungen
- Technokratische Bioingenieure üben die künstliche Prokreation
- Faschistische Ideologien schweben im Kabinett und Bundestag
3 Der totale Krieg ist der totalen Verwirtschaftung gewichen
4 Noch immer bestimmt die Stechuhr den Schritt von Generationen
5 Noch immer ist eine Berufung wichtiger als das Leben
6 Kraft kommt von Freude, 7 Arbeit macht frei
8 Wer unnütz ist, muß aussortiert werden
- Faule Äpfel fallen weit vom Stamm der Germanen
- Zwei hohle Birnen gleichen sich wie ein Ei dem anderen
9 Die arische Rasse wird neuerdings gentechnologisch erzeugt
- Bleiche Klone bevölkern bald die Welt wie stumme Geister
- Auf den Datenbanken türmen sich abererrierende Botschaften
- Man kann Gendateien mit RNA-Inferenz ausschalten
10 In vitro wird die neue Herrenrasse fertilisiert
- Mit Stammzellenkulturen lassen sich neue Organismen erzeugen
11 Der wahre Faschismus hat noch gar nicht angefangen
- Schon stehen die ersten Forscher in den Startlöchern
und basteln an den Segnungen der Eugenik
12 Die kommenden Generationen werden wohlgeformt aussehen
- Es ist etwas faul im Staate Mitteleuropa
- Der Wurm kriecht auf allen Vieren ins ewige Reich
- Stolpert auf zwei Prothesen durch die Industrielanschaft
und legt sich mit einem Krückstock aus Kruppstahl ins Grab
- Schlafe süß, du rassistische Gesellschaft aus Immigranten
mit ihren Kriegspsychosen, Friedensphobien, Waffenängsten
- Es war nur ein kurzer Traum, als Hoffnung aufkam
- Jetzt siegt das Realitätsprinzip über Illusion und Idealismus |
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so weit möchte ich nicht gehen
wir haben unsere kinder nach orten benannt
an denen wir nie gewesen sind
trotzdem hat meine frau nun fernweh
ist nicht mehr da
sie trägt nur noch das blaue kleid, das auf dem bett liegt
ich habe es ihr lange nicht mehr ausgezogen
ich sitze am fenster und zähle die fliegen
die gegen die scheibe prallen
das stopschild draussen auf der strasse
wirft seinen schatten schon den ganzen tag
ein kraftakt ohne sinn
schmilzt meine haut und bedeckt mich jetzt bald ganz
zwischendrin meine frau mit ihrer tagesration sprache
: ich liebe mich, du liebst dich
wir lieben uns also
wir müssen nichts weiter tun: dort drüben
liegt ein vorhaben, das nicht verrückt werden soll
es ist dies schon ein anderer kontinent |
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wieder schleicht es sich von hinten ran
der herbstregen trommelt
morgen |
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ach nein
wenn ich will,
nicht jetzt, später
morgen vielleicht
vielleicht auch nicht
doch, ich will
oder
ach nein
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stunde um stunde
treibe ich
durch den tag
gefangen im
nichts
tun
gefesselt von
trägem
leben
erblicke ich
den
abend
sachte
bringe ich
den kreislauf
mit
einer zigarette
in schwung
und übe
meine
geschundenen
glieder in
bewegung
richtung
bad
für mich
begann
das raunen
der liebe
mit dem täglich
schlechten
gewissen
`wieder nichts
für die rente
getan`
und so
entschied
ich mich
zu heiraten |
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siebenschläfer
drüben beim fenster gibt es nicht viel
an rahmenbedingungen
und die anspannung der lachmuskeln
begnügt sich mit den fotos
auf der pinnwand
heute ist sogar das zählen
rückläufig
bei minus dreiundzwanzig stellt
der kühlschrank die letzten
geräusche ein
und der hausstaub setzt
sich auf wimpern
zur ruhe |
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Tierleben
das Faultier fault so vor sich hin
sonnt sich in seinem Lebenssinn
da eilt das Arbeitstier herbei
und sagt sehr forsch: "ich bin so frei
Sie herzlichst jetzt zu penetrieren!"
- "ach, wozu soviel Aufwand treiben?
wer sich verliebt kann sich verlieren...
komm, lass uns lieber Freunde bleiben!" |
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Leistungs-Lyrik
Immer etwas bringen,
singen,
dingen,
mingen.
Immer etwas machen,
lachen,
sachen,
krachen.
Immer etwas leisten,
feisten,
beisten,
meisten.
Immer etwas tun,
muhn,
luhn,
uhun.
Immer schlimmer simmer. |
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rätsel
er schlägt die zeit
tot tarnt sich
als dieb
© Peter Segler
Ich bin ausdrücklich gegen eine anonyme Veröffentlichung, weil
dadurch die Urheberrechte nicht gewahrt sind. Ich hoffe, das ist kein
Hindernis für die Wettbewerbsteilnahme. (Wer das Rätsel rausbekommt,
erhält ein Bücherpaket aus meinem Verlag.) |
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verfallen ins leben weicher apfel sein,
dein süßer gestank bis zum aufbruch des ichs
gelöste entsagung mit sinnloser richtung
stehenden geifers in dauernder frucht
abordnung erzwungenen chaos des ausgangs,
die reifung im sinn wie das kreiseln der zeit,
vergessen zu ahnen, dass stillstand die flüge
vereint, die niemals begonnen, aus früherem
anfang, dein süßlicher pelz, zersponnen
verdrückt im zuckrigen most |
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sizilien, dachte ich
und lag da,
in meinem getigerten nichts
von badeanzug
sehr heiß und feucht ausgestreckt
die füße beleckt von wellen.
sehr trocken sagt komm
bella ficken ein typ
mit einer körper
temperatur von achtzig
grad im schatten
treiben wir es,
in gedanken, es war
zu schwül zum blinzeln. |
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Ode an die Faulheit
Die Welt war perfekt.
es gab nichts zu tun.
Jetzt ist sie defekt,
weil wir nicht ruh'n |
oje,
schon wieder das ganze programm
heute, stress pur, ich bin überfordert.
spazieren gehen,
aus dem fenster schauen,
die nerven beruhigen
und auch noch
zähn putzen.
die flaschen
post öffnen,
das tv-programm
rauf und runter
zappend ertragen,
womöglich noch
hier und da
einen pickel ausdrücken,
danach die wände anstarren
und abends das dunkelwerden
belauern.
fällt die letzte kippe
vom tisch bin ich fertig
mein gott what a day
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Nichts tun
einfach nichts tun
Menschen verletzt
Dinge getan
und verpasst
Pflichten gelassen
und nichts gemacht
Dann
zu Freunden gehen
versiffte Wohnung
zurücklehnen
Augen schließen
vor Pflicht
vor Gewissen
vor Magen
Filme gucken
nicht bewegen
nicht denken
Anstrengung nur
für Leere im Kopf
Liebe dem Leben
Liebe der Leere
und Liebe
dem Vergessen
Magenschmerzen
glücklich sein
Faulheit
die Konnotation
von Worten
genau das
was mir stinkt
lasst mich so
wie ich will
Leben ist
ich kann nicht
produktiv sein
bin wertlos
nichts tun
Schutzmechanismus
Selbsthass
Frieden
Faulheit
genießen
Hedonismus
Egoismus
Lust
los
Fuck
you |
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Was für neugierige Tiere
Niemand lebt von ihrem blassen Fleisch,
eigentlich können sie nur alles falsch machen.
Verschlucken Haken, ohne zu krepieren,
werden von Monofilamenten zerrissen.
Zerquetscht in Schleusen, in Schutzen
vor Fluten zerstückelt, eingezwängt in
Wasserregulierungseinrichtungen, tot
durch Unterführungskanäle geschoben,
fatal verstrickt in Treibnetzen und Reusen,
bringen red tides sie um,
Blüten von Algen vertragen sie nicht.
Sie mögen warmes Wasser, sie leben
in wilder Ehe mit kalorischen
Betrieben, untersuchen
die Wärmequelle, werden
von Propellern in Teile zerlegt.
Oft kratzen sie Kiele, und sie sterben
viel später an Infektionen oder
Blutungen der inneren Organe. |
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z.B.
eine stinknormale Wolke zähmen
ist schon anstrengend genug
schon zu anstrengend
um nur mit einem Auge
verrichtet zu werden.
Wie sollte man da je
ne ganze Zucht davon
aufmachen können ?
Wie soll sich je sagen lassen:
" Ich bin bewölkt,
in meinem Raum
hat nichts mehr Raum
als ich +
mein Nebel"
Wie soll man das ?
Wie sollte man das je können :
nie mehr aufstehen müssen,
sich in weißen Schwaden baden,
nur diese kleinen Perlen der Feuchte,
die so fern sind allem Schweiß,
auf der Haut sichten
sie zählen und gähnen,
nur gähnen und zählen :
ein düstermüdes Schaf
des Himmels. |
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Der Faule
oder Der blaue Planet ist müde
eines tages wird die schlagzeile lauten
gestern ist er gegangen.
gestern 17 uhr dreißig MEZ
verschwand der blaue planet
hinter den orbit, ins schwarze
loch seiner herkunft
ist er gegangen, rief weiter-
machen, ihr menschen, lebt
wohl und lebt weiter
ins blaue, wie sonst,
(und lächelnd als sollte es niemand hören)
ist ja kein beinbruch
ein weltuntergang, adieu. |
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Das Nichtstun
Gedanken verscheuchen
vor sich hin dösen
Energie sparen
Kühlschrankbrummen
abschalten
Stille hören -
im Stuhlbeinschatten wandern |
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Faulheit
Wenn die Sonne faul wäre,
wir nichtmal könnten sehen die Sterne
Wenn der Autor faul gewesen wäre,
ihr nichtmal könntet lesen diese Märe
Wenn Ihr faul gewesen wäret,
ihr nichtmal hättet diese Zeile erspähet
Wenn der Gott faul gewesen wäre,
es uns niemals hät gegeben |
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Leicht gemacht
Rechnung zahlen
Online
Mit Mutter reden
Telefon
Anteil an Wahlen nehmen
Brief
Arbeit suchen
Internet
Einschlafprobleme haben
Schlaftabletten
Beziehung beenden
Sms
Sexualität leben
Webcam
Sich streiten
Schweigen
Permanent langweilen
Diazepam
Gegen Systeme aufbegehren
Bomberjacke
Sich schön fühlen
Bulimie
Neid empfinden
Wut
Einen Sinn suchen
Arbeit
Arbeit verloren
Hartz4
Differenzen spüren
Kompromiss
Sich selber näher kommen
Vibrator
Das alles kompensieren
Drogen
Keine Lust mehr
Roter Knopf |
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Drehkreuz |
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Ich schiebe meinen Einkaufswagen an die Kasse
drehe mich wieder um vielleicht
aus Müdigkeit
stelle jeden einzelnen Artikel
zurück ins Regal
und schiebe mich langsam
wieder durch das Drehkreuz |
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gut dass ich kein japaner bin |
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japaner können nicht still sitzen,
sie laufen und sie schwitzen.
sie laufen in der arbeit rum
und schauen dabei nicht mal dumm.
ich kann das immer noch nicht verstehen.
ich bin sogar zu faul zum gehen.
arbeiten soll ich um geld zu verdienen?
das will ich nicht, ich mag nicht dienen!
ich will bedient werden
das ist für mich das glück auf erden.
die zigarette rauch ich nicht,
blaßt mir den rauch doch bitte ins gesicht.
alkohol nehm ich zu mir,
doch nur wenn jemand öffnet mir das bier.
bin ich nun faul oder gar dumm?
eure meinung ist mir egal, seis drum! |
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kapitalismusfauler |
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Kadaverwesender Tiere ist keine Allegorie
Zeitung zu lesen war es nie
doch Intermedial allemal
schlechtes Obst und Pflanzen
faul
Kaffeehaus immer gern
Menschen von innen heraus
abgehalten von Arbeit
in Ruhe bleib ich bei mir
in Ruhe bei dir
faul
zur allgemeinen Tendenz des Menschen:
weil ich oft langsam gehe
mein einzelner schlechter Charakter
damit ich mehr und besser sehe
wach
fordere ich:
gerechte Erholung
bis hin zum Schimpfwort
etwas in der Hand halten
kaum
Trägheit
erst wenn viel im Kopf
Elemente der Langsamkeit werden
Le droit à la paresse
rien
für die Sündenlehre wichtig:
sieben Hauptlaster sollst du haben
lasst uns faul und grausam sein,
nur nicht faul zu Sex und Wein,
nur nicht faul zur Faulheit sein
wie Lessing sagte
3 fehlen
Akedia. Acedia. Alas! Oder neu: Accidie, sloth (like the mammal), idleness,
laziness, slothfulness, sluggishness, apathy?
eine seltsame Sucht beherrscht die
Proletarier aller Länder
vereinigt euch
Verfinsterung vielleicht
mehr noch die Liebe zur Arbeit
die rasende Arbeitssucht
faul
Bauern zu sehen, die neben ihrem Pflug eingeschlafen sind
Frauen am Spinnrocken ein Nickerchen machend
doch warum Spinnrocken?
God's promise
so J.C.
sehet die Lilien, wie sie wachsen
sie arbeiten nicht, und doch
produktives Nichtstun
dies ist der Köters Kern
manche Kreativen in unserer Gesellschaft tun es auch
Faulheit nur gezielte Abkehr von
Jehova bärtig sauertöpfischem Gott
resting before you get tired
ideale Faulheit
doch wie ideal?
resting before you get
sechs Tage Arbeit
nine-to-five
one, two, three, four, five...
resting before you
ruhe auf alle Ewigkeit
resting before
ora et labora
bete und faulenze
Schreibwerkstatt
resting
so predigte man bereits hundert Jahre vor Guizot
Arbeit als Zügel für edle menschliche Leidenschaften
Lafargue: Faulheit, erbarme du dich des unendlichen Elends!
Mutter der Künste
wir haben Frauen, Kinder Fabrikbaronen ausgeliefert
sei Balsam für die Schmerzen der Menschheit
Amen
arbeiten wir?
um den Nationalreichtum zu vermehren
wir?
es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft
wir?
so Gerhard Schröder
seit einiger Zeit verdummt
ihr Gehirn...
Herr Schröder
arbeitet nie!
Situationisten 1968 Paris Wände Graffiti
der Traum des Aristoteles
und meiner
heute Wirklichkeit geworden
Kants Hang zur Ruhe
ohne vorhergehende Arbeit.
Maschinen verrichten
mit Gliedern
Zeugungskraft
von selbst
Arbeit
Preußen stellte sie unter Strafe
nicht die Maschinen
die Furcht vor bevorstehender Arbeit
so Cicero
das Schlaraffenland perfekt mit Stil
im Kaufhaus: egon to, labor, also bin ich, labour, work, employment,
job, money, assignment, activity, productivity, ability?
Arbeit
etwas unnatürliches
Faulheit
göttlich: Anatole France
mittelmäßige Menschen
arbeitsam
Intelligenzia
oft
faul
unschließbar
dass Arbeit
besser
für den Geist
als Faulheit
so Monsieur Proust
also:
besser mit dem Cocktailbecher
in der Hand
das nächste Erdbeben
avenir
Mr. Danny Kaye
wie Bond
savoir vivre
Blümchen
aka Jasse Wagner
kocht Salat a la TV
na so
wenn's sein muss
die Tiere sind verwest
das Obst auch
R.I.P. |
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Alles gestern dagewesene
ist heute auch noch da.
Das Bett, der Tisch,
das Fenster.
Du sagst nicht,
was du nicht sagst.
Einen Bewegungsablauf,
den du nicht ausführst,
führst du nicht aus.
Du tust so,
als ob du so tust.> |
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Ruftest nach mir wacher Geist um zu befehlen was doch drohend mich umkreist,
sehe dich stets vorm Auge blinzeln, zarte Hand sie greift nach Dir, doch
ist allein mit ihrer Lust und zieht zurück in schwacher Form, am selben
Punkt denken wird weiter verharrt, man schaut der Sonne auf den Schatten
und lauscht den Klängen die getragenes nie fallenlassen und verstoßenes
nie ein Lächeln schenken. Werden wohl noch viel sehen um zu wissen
das es nichts zu sehen gibt und reden werden wir bis die Zunge nicht mehr
nötig ist und der Kopf nicht mehr von uns geführt, gebt ab eure
Macht die ihr doch nur missbraucht. Schade das wir es nicht sein werden,
die, die wir dachten, wir wären es gewesen. |
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Verszeilen |
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Wer intelligent ist braucht nicht zu denken
sagt Sächschen
und
Heit-keit-Worte gehören nicht in ein Gedicht
Faulheit Geilheit Brüderlichkeit
als Worte nicht
zumindest
nicht von Dichtern
die meinen
allein dass sie denken dichten
sei besser als Kartoffelschälen
gerecht wäre es hingegen
Gedichte in Kartoffelsuppen
zu verszeilen |
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Der Salat
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Mungobohnensprossen
oder Mungos Bohnen Sprossen
auf dem Salat hingegossen
und mit Dressing still genossen. |
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neue songs |
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entbunden
von der pflicht zur revolution
genießen wir den vormittag
und das nölen der alternden
jogger das früher alles besser
schlecht war und die jugend
nicht so mild lächelte
wir erfreun uns der sonderberichte
von den täglichen weltuntergängen
sorgen und entrüsten uns ein wenig
brav rebellisch wie es sich gehört
und gehen dann duschen
man wirft uns
vor alles hinzunehmen
und zu wenig unzufrieden
zu sein wir nicken zustimmend
und schalten die großartige musik
aus dem radio ab wir pfeifen
eine kleine melodei
nicht neu aber na und
man bietet uns revolutionäre
softdrinks sensationelle
kreationen und handgepflückte
probiotische weltkulturen
wir staunen aber
wir danken
zugegeben ein glas wasser
ist nicht neu
aber immer noch
ziemlich gut |
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stadtkrank und faul |
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die zeichen sind schön.
die theophanie auf dem sofa, ihre beine
lässig angeschraubt, im teleprompter
die wortkargen sonntagsmittagsdialoge.
ich nehme ihre hände, ihre finger
brauchen mich, und vielleicht werden wir
für immer in diesem zimmer bleiben
widerstandslos, stadtfaul und krank
seitdem ich aus dem zug gestiegen bin
seitdem ich in dieser stadt hause
bin ich krank, sage ich, seit ich sie kenne
möchte ich nirgends mehr hin.
evolvierte akrophobie, sexualität
und armut. die zeichen sind schön.
es liegt an den händen und der abwesenheit
von macht, pflicht, zwang.
keine diadochen, keine waschbären
heute morgen, als wir aufwachen wollten
schliefen wir noch, jetzt schlafen wir wieder |
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blaupause |
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zeit zu hoffen und zu beten
zeit für poser und poeten
für zweifingerbreit auf eis
zeit die augen weit zu schliessen
und die aussicht zu geniessen
von der sonst hier niemand weiss
zeit das schweigen zu vertiefen
und die geister die wir riefen
zu vertrösten bis auf dann
zeit zu zahlen...irgendwann
zeit das letzte glas zu leeren
und die fliegen abzuwehren
von der schweißverklebten stirn
zeit die spuren zu verwischen
an der theke auf den tischen
riecht es nach verbranntem hirn |
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von meinen pflanzen die liebste |
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mehrmals täglich
gieße ich von meinen pflanzen die liebste
rücke ich ihre einzelnen blätter zum licht
dass die sonne sich ihrer erfreut
so wie sie sich der sonne auch
im schatten gedeiht sie ebenfalls
prächtig ihre ableger setze ich
so ihre ausbreitung unterstützend um
hege und pflege ich sie
täglich mehrere stunden
gebe ich mich ihr hin
mich an ihrer schlichten pracht erfreuend
überall in meinem zimmer
an regalwänden tischbeinen heizungsrohren fensterrahmen
breitet sie sich aus meine wohnung
ein urwald genieße ich ihr
mich wohlig ermattetendes klima
ihr meine sinne angenehm betäubender duft
schreckt mich nicht
wie andere
von meinen pflanzen die liebste
die die schönste gewiss nicht ist
betrachten
angewidert behaupten
dass sie häßlich sei
ein schmarotzer
mit den wurzeln
ausgerissen gehöre sie
vernichtet wenn es sein muss
mit gift höre ich jene fluchen
über meine liebste pflanze
deren ausbreitung sie für ein übel halten
unkraut sei sie
deren klima in meiner wohnung
sich auf das gemüt lege
was ich nicht abstreiten will
und jene zum fluchen bringt
die es gut meinen wollen
eine schlingpflanze sei sie
die mich auffresse
meine liebste pflanze
lass ich mir nicht nehmen
meine geliebte
langeweile |
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Gratwanderung |
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Wer meint
mein Blatt wäre leer
sieht nicht die Gedanken
die kreisen ums Weiß
dass mich der Klotz
aus Trägheit an den kleinen Füßen
der Idee
niederhält
hat da
einer
"Faulheit" gesagt?
welch großes Wort
auf schmalen Lippen
eine Gratwanderung
falls es fällt
färbt
sich das Papier rot
dann ist
abstrakte Kunst fertig
und die Faulheit tot |
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Faulentrunk |
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Kraft zum Faulsein schöpfen.
Nichtstun träumend erschwebt.
Faulentrunk, süßlicher Balsam,
Genüsslich gelangweilt genippt.
Sich trägemüde hingeben
Versinkender Mollesse.
Bleib! |
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APATHIA |
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& wenn mich die alte verfettete
apathia
in ihre lauwarmen arme schließt
dann tu ich
als wolle ichs von mir abstreifen
dass es
mir eigentlich gut gefällt
dieses
tagelang frischgehaltene hocken
vor dem
eigenen randvollen kühlschrank |
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von der faulheit der fische |
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schreibe ich
kaum mehr
mir fehlt die ruhe der aquarien
freunde früher als kind
konnte ich zusehen
guppys mit neon
fischen stunden lang
beim trudeln
nur das sinken
getrockneter wasserflöhe
erweckte sie zum tanz
um tote beute
heute habe ich zuviel spannung
im nacken
freiheitsgrade
in allen richtungen der wind
rose wohin ich mich wende
nie mehr
trudeln
wie sehne ich mich nach dem
aquarium |
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FÜR GEGEN |
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zu f- sie anzusprechen, die
Zeit, die nie erfunden werden hätte dürfen
sein, der ganze schrott kommt ein,
ton anschalten
auf aus
bild anschalten
auf aus
flammazine gegen durst
tut nicht weh
dalacin gegen Zeit
sichtbar bleibt
betaisodona gegen hunger
oder für
zu finster, die
feige vor dem Fenster, die sonne f-
wie schulmedizin ist Zeit
homöostatisch
an der eichstelle für atmung
hängen geblieben kurz
atmen für den zweck
blieb der lehrer leistung lang
um einen zitternd
der die grundfunktionen vergäße
flammazine gegen luft
dalcin gegen Zeit oder für
nicht zu finster-feige
in die schuhe zu steigen
in das anhalten des vegetativen
bauschen des fells
aus dem griff der fernbedienung des alltags,
nicht fügsam, nicht fantastisch
lenzen Fenster Haut. |
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Mein Lieblingstier |
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Ein Orang-Utan saß im Wald
und sagte: "Jetzt wird's dunkel bald."
So schlief er ein ... Er wachte auf,
der junge Tag nahm seinen Lauf,
die Sonne schien so warm und hell,
er rief: "Oha! Das ging ja schnell!" |
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Ode an die Faulheit |
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Man sagt, du riechst nicht gut
Jeder aber weiß: Du tust so gut
Und
ich mag schon nicht mehr
schreiben
ich denke
das soll reichen. |
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Wenn doch nur
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Lahmes Gejammer
von der Mühe
abgestoßen
liegt bäuchlings
abgeschmackt
zwischen Pack
Im Trübsal
der Phlegmaschale
nur ranzige
Bewegungen
ganz müde
satt gemacht
Im Schlamm
der Versuche
strauchelt
der Eifer
sanft vor sich hin
vorbei
der Tatendrang
verwest
in Stille
Morgen ist auch noch ein Tag
Oder? |
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Nicht mal ein richtiger Tit
Wäre ich König, ich würd nicht reg
Wäre ich Wirtschaft, ich würde stag
Wäre ich Lehrer, ich würde nicht leh
Wär ich ein Besen, ich würde nicht keh
Wär ich ein Schleifstein, ich würde nicht wet
Wäre ich Spitzel, ich wolllte nicht pet
Wär ich ein Auto, ich würde nicht fah
Wär ich ein Pudel, so würd ich nicht haa
Wäre ich Wolke, ich wollte nicht reg
Wäre ich Priester, ich täte nichts seg
Wäre ein Glied ich, würd ich nicht verstei
Und als Student würd ich nichts begrei
Ich als ein Richter würde nicht rich
Ging als Prolet nicht zu meinen Schich
Würde als Vogel nicht gerne flie
Wäre ich Sieger, ich würde nicht sie
Und gar als Tänzer würd ich nicht tan
Wäre ich Gärtner, ich würde nicht pflan
Auch so als Ball würd ich nicht spri
Wäre ein Ton ich, wär nichts mit Kli
Wäre ich Kurve, ich würd mich nicht krüm
Als Fischlein im Wasser würd ich nicht schwüm
Ich erst als Kerze, ich würde nicht bren
Wäre ich Wachhund, würd ich nur pen
Wär ich ein Windrad, ich würde stillste
Als eine Uhr zumindest nachge
Wär ein Gewürz ich, ich würde nichts wür
Müßt ich was schreiben, ich würde abkür
Wär ich ein Reißwolf, ich würd nichts vernich
Nur als Dichter, da kann ich nicht anders, da muß ich dich |
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Günter Kunert füttert seine Katzen,
eine Fotographie aus einem Abreißkalender
und gierige Mäulchen um eine Tubensahne,
zuckriges Milchpulver,
Surrogat für Katzenfreunde.
Die Beine verschränkt,
der Blick geht ins Nichts,
er lässt den Betrachter ganz
hinter sich, und ist auf dem Weg
zu einem neuen Gedicht. |
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am fenster stehen
in der nase bohren
wenn leute draußen vorbeigehen
verstohlen mit den zehen wackeln
ansonsten: nix |
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FAULA, DER URGÖTTIN |
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Rubensweib! Lachst apfelsinenhäutig
aus beiden Arschbacken
ins Fitnessland.
Hörst?
Calvin keift aus seinem Grab.
Siehst?
Unentschlossen
lugen die Arbeitslosen
auf deine Schlabberschenkel.
Lessing und Lenau haben
deine Fangarme gepriesen.
Dir ist schon recht, dem
nichts hinzuzufügen.
Komm, wieg' mich,
weiches Luder,
in deinem Schoß!
Lull' in mein Ohr
.... Vergessen. |
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es gibt novembersonne,
schräg scheint sie auf mein bett
die flasche in meiner hand reflektiert goldgelb in ein gesicht
blinzelnd das edikett
apfelwein streuobstwiese
gestreut und ein mögliches versteck
ein apfel im brennnesselnest
nie mus, nie most, nie wein
faul
madenheim und mäusefrass
dann erde
gelänge jedem apfel diese flucht
nie mus, nie most, nie wein
nie diese gedanken
gut so
es gibt novembersonne |
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wu wei |
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lasst mich doch
eine weile
nichts tun mein gott man lässt
doch jeden
leichnam ruhn
>ein jahr nur das
sich in den regen reiht
zur bestattung
all der erschlagenen
zeit |
Die faule Tochter |
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Manche trennen mit Bedacht
Geist von Fleisch und Tag von Nacht
Dieses führt sie schnell und gern
Zu der Schöpfung unsres Herrn.
Erst schied Finster er von Licht
Später Prosa vom Gedicht
Schweigsamkeit vom großen Maul
Klug von Dumm und Fleiß von Faul.
Allerdings ließ dieses Trennen
Dinge zwar genau benennen -
Hier ist hier, und dort ist dort,
dies ist Raum, das Zeit, dies Ort -
Doch es ward auf Gottes Welt
Nun auch leider unbequem:
Gutes wurde gern bestellt
Schlechtes nicht mehr gern gesehn.
"Rate, Menschenwurm, wie heiß' ich?!"
Ungeteilt, so faul wie fleißig
Gähnt der Herr in seinem Stuhle
Und sein Mensch erfand die Schule.
Eine unsrer Schülerinnen
Hatte sich dort zu besinnen
Denn man hieß sie zwar nicht dumm
Stinkend faul jedoch, und um
Solcher Rede Sinn zu finden
Wollte sie zutiefst ergründen
Was der Faulheit Wesen wäre
Dass sich auch der Fleiß erkläre.
Sie beschloss, vor diesem Tun
Erst einmal gut auszuruhn:
"In der Ruhe liegt die Kraft!
Papa! Bring mir Birnensaft!"
"Wahrlich, Kind, Du bist nicht fleißig!"
"Liebes Papilein, das weiß ich,
Doch liegt gute Absicht vor,
Deshalb leihe mir Dein Ohr;
Höre, was Dein Kind studierte
Über Faulheit und von Fleiß,
Wie es sich dabei verwirrte
Und was es nun endlich weiß:
Philosophisch zu ergründen
Was der Faulheit Wesen ist
Würde nur in Faulheit münden
Spricht der alte Alchemist.
Die verlog'nen Engelsscharen
Kennen Faulheit als Geduld
Sich vor Taten zu bewahren
Heißen allen Fleiß sie Schuld.
Denen Alles Garnichts ist
Ward die Faulheit Lebenslist
Gähnend blinzeln sie ins Licht
Denn wer schläft, der sündigt nicht.
Priester wiederum befinden
Faulheit für die Reaktion
Auf bewusst verübte Sünden
Und sie leben gut davon.
Strengstens habe man zu scheiden
Hier die Faulheit einer Frucht,
Dort die Fäulnis als ein Leiden
Da das faule Sein als Sucht.
Dem Verfaulen in Verwesung
Ewig trickreich zu entgehn
Sucht man, betend um Erlösung,
Statt Gewürm den Herrn zu sehn.
Dringend ratsam ist, zu trennen
Faulheit ohne Energie
Von all jenen, die wir kennen,
Die uns raten: "Sparen Sie!"
Ziehn nicht selbst die größten Denker
Hirnarbeit dem Handwerk vor?
Nichts als Theorienschenker!
Rat statt Tat, statt Herz das Ohr!
Doch würd Faules stets vergammeln
Bliebe Fleiß auch ewig rein!
Widersprüche einzusammeln
Bringt nur auf und bringt nichts ein.
Faulheit, Papa, zu bedenken
Fordert Kraft, Verstand und Zeit
Sich dem Thema hinzuschenken
Brauchts die größte Fleißarbeit,
Folglich schulden wir dem Trägen
Unsren allergrößten Dank
Täts nicht unsren Fleiß erregen
Wären arm wir, faul und krank."
Traurig sah der Vater hier
Seine faule Tochter an
Und er sagte leise "Wir
Strengen uns fürs Leben an!
Stürze daher nie die Regel
Die Moral von Mordtat trennt,
Lass den Wind in jenem Segel
Welches man als Fähnlein kennt
Das vom Schiffchen Gottes flattert!
Deine Weisheit macht verdattert
Doch beleidigt sie die Zeit
Und sie scheint dem Tod geweiht!"
Faltenstirnig gab den Blick
Seine Tochter ihm zurück:
"Papa! Sprichst Du über Dich?!
Halte ein, ich fürchte mich!"
Und das Mädchen fasst ein Sehnen
Und den Vater packt der Schreck
Faules faul nicht abzulehnen
Ging sie fort und blieb sie weg,
Liebe nicht vom Hass zu trennen,
Sonne nicht von Nachtgestern.
Zum Gedicht sich zu bekennen
Statt zur Prosa unsres Herrn,
Wählte Treue sie als Pfad
Wo es tausend Blumen hat. |
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Gedankengang |
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Langeweile ist keine Muße,
Muße ist keine Langeweile,
aber weilt diese Muse zu lange,
mutmaßt die Langeweile,
sie sei gesunde Muße
für eine lange Weile
war das mein letzter
musischer Gedanke |
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eile mit weile |
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denn wer langsam geht, kommt auch ans ziel -
ich zähle jetzt bis drei, aber ganz gemächlich,
und dann ist alles an seinem platz: das neue
loch im socken, die pfandflaschen auf dem
küchentisch (die kannste die tage zum kiosk
bringen, musste aber nicht) / das stundengroße
leck im tag, der müßiggang gepflegt wie muttis
nägel, kauste heut nicht kauste morgen; auch
die kunst auf fauler haut, jeder buchstabe zu vie |
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mainzer elegie |
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kommen sie irgendwann
ich bin immer da
zuversicht zeichnet gerade
mich
nicht aus
ich gebe zu
es war nicht gerade leicht
ein einfacher mensch
gehe nicht gerne
in discos
tanze nicht gerne
sitze oft einfach nur so da
meine freunde sagen, ich sähe gut aus
kontakt
kriege dennoch keinen kontakt
bin vom lande
kind vom lande
hänge oft
von der decke
blut schießt kopf
durchblutet
sende
echo
empfange echo
von den zimmerwänden
ultraschall
ziehe den ganzen tag am rolladen
am abend
laß ich ihn los
einfach fahren
irgendwohin
in der ferne bläst jemand
horn
horn
horn
horn
d
es
c
h |
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Passivitätsschema |
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Wachkomablicke, zwischen dem
regenbogenbunten Panorama der Mattscheibe
und nüchternweißen Wänden changierend,
mit stumpf glänzenden, sich langsam
unter den Lidern hervorschiebenden
Pupillen, deren echsenhafte Gleichgültigkeit
die Existenz der Zeit tötet und den
Buddhismus des weitgehend
willenlosen Körpers widerspiegelt,
der längst nur noch dunkel und pflanzenhaft
auf dem Sofa dahinvegetiert,
bis in die Haarspitzen alkoholgetränktes
und vollkommen sediertes Gammelfleisch,
das der Chor der Fliegen mit heiligem Eifer
und wildem Gebrumm umrundet, als gelte es,
mit dieser Wohnzimmersafari im Rudel
den Erlösungsaspiranten auf seinem
Weg ins Nirwana der Ziellosigkeit und der
Faulheit in mannschaftlicher Geschlossenheit
zu unterstützen, als gelte es, im sinnlos
tändelnden Zickzack der hektischen
Flugbewegungen die nun fast vollständig
eingehaltene Bewegungsabstinenz des Probanden
im spärlichen Restlicht ironisch zu untermalen. |
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teilhauf |
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positionen negierend
im tiefsten aller tuempel
gruent nichts zur freude der welt
ruhen alle goettlichen triebe
innerlich feuerlos faulen die knospen
traege die knochen steht die erde still
im moor des somnambulen
aber: hoffnung, getriggert. |
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Dieses |
... Heinrich Heine schrieb, daß die Dichter
der Zukunft mit einer
"demokratischen Wut gegen das Besingen der Liebe" zu kämpfen
haben würden!
nach Michael Hamburger |
Brot, dieses
Messer, diese
Butter, diese
Schmierwurst, dieser
Kaffee, dieser
Schädeldruck, dieser
Zucker, diese
Milch, diese
Kaubewegung, diese
Schluckbeschwerde, diese
Zigarette, dieses
Sonnenlicht, dieses
Aufstehn, diese
Sommerhitze, dieses
Fliegenbrummen, dieser
Flur, diese
Klinke, dieses
Zimmer, dieses
Fenster, diese
Tapete, diese
Matratze, dieser
Frauenleib, dieses
Schwarz, dieses
Erwachen, dieses
Lächeln, dieses
Reden, dieses
Streicheln, dieses
Zueinanderkriechen, dieses
Nahesein, dieser
Geruch, dieses
Wispern, diese
Zungenspitze, diese
Feuchte, dieses
Brennen, dieses
Halten, dieses
Stöhnen, dieses
Sterben, diese
Müdigkeit, diese
Zigarette, dieses
Feuer, dieser
Rauch, dieses
Schlaffe, dieses
Schweigen, dieser
Tag |
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Faulheit |
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Jedermann nicht dumm, wie ich
Jedermann nicht klüger
Nur niemand ist, wie ich
Da kann man nichts machen |
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