Disco

von Herbert Braun

Bin ja neulich mal wieder in die Disco raus. Nach Schmergendorf, ins Topsi, mein alter Stammladen. In der Stadt die Discos, die sind doch bloß für die Verrückten. War ja noch nie draußen seit dem Pächterwechsel. Na, ich staunte nicht schlecht: Mit der neuen Laseranlage auf dem Freigelände sieht man das Ding aus zehn Kilometer Entfernung. Heißt ja jetzt auch Stardome.

Innen war auch umdekoriert, neue Anlage, ziemlicher Aufwand. Aber die gute alte Lissy stand immer noch hinter der Bar. Mein Gott, was haben wir schon alles erlebt, die Lissy und ich, früher im Topsi.

Das Tanzen ist ja nicht so meine Sache. Schauen Sie sich doch mal diese Bürschchen an, wie die mit den Armen fuchteln, wie diese Rap-Neger in MTV. Ein paar Fünfzehnjährige springen besoffen rum und rempeln jeden an, der in ihre Nähe kommt. Solche kommen dann später in die Zeitung, mit einem schwarzen Balken über die Augen und die Spritze im Unterarm, auf dem Bahnhofsklo. Das muß doch wirklich nicht sein. Also, zu meiner Zeit, da hat man's ja auch krachen lassen, und zwar ganz schön, aber wir haben immer gewußt, wann Schluß sein muß.

Wenigstens spielen sie immer noch die gleichen Sachen wie früher, so Hits aus den 70ern und 80ern, die jeder kennt. Ich sitz also an der Bar und trink ein paar Bierchen, um in Stimmung zu kommen, und sondiere die Lage. Viel ist ja gerade nicht für mich dabei, das Publikum wird halt immer jünger. Ich zwinkre einer scharfen Blondine mit solchen Eutern unter der Bluse zu, aber die will nichts von mir wissen.

Ja, so irgendwann, ist schon ziemlich spät geworden, setzt sich so eine Schnecke neben mich hin. Sind ja schon bessere Stücke aus Adams Rippe geschnitzt worden, aber ich denke mir, warum nicht. Also, ich quatsche sie an, geb ihr ein, zwei Bierchen aus und man kommt so ins Reden. Claudia hieß sie noch, ne Verkäuferin. Eher so eine Stille, die Claudia, aber ich meine, eine Frau muß eh nicht die ganze Zeit quatschen.

Irgendwann dann schlag ich ihr vor, ob sie nicht zu mir zum Frühstücken fahren möchte. Wie gesagt, war ja schon ziemlich spät, und die Lissy hat schon die Abrechnung gemacht.

Im Auto haben wir erstmal Freundschaft geschlossen – so 'n bißchen Knutschen, Zunge rein, Zunge raus, 'n bißchen an die Titten, die üblichen Aufwärmübungen halt. Ich war ja schon drauf und dran am Auspacken, aber dann dacht ich mir, wenn ich jetzt nicht gleich fahr, passiert's im Auto. Und ich bin ja schließlich kein Teenager mehr, oder.

Daheim haben wir noch ein Bier getrunken, aber dann bin ich ihr an die Wäsche. War ganz schön was dran an ihr, so eine Frau, bei der man wenigstens was in der Hand hat. Langsam bin ich richtig in Fahrt gekommen. Ein Vulkan war sie ja nicht gerade, aber geziert hat sie sich auch nicht groß.

Soweit lief die Sache ja ganz gut.

Aber scheiße. Was macht das Mädel, als es soweit ist? Legt sich ins Bett wie ein Schnitzel und wartet darauf, daß einer die Arbeit tut. Verstehste: Ich soll den strammen Max spielen, während die Dame die Beine breit macht. Aber das kannste vergessen. Mit mir nicht. Da kann ich mir auch gleich selber einen wichsen. Ich hab sie dann höflich, aber bestimmt nach Hause geschickt. Solche Augen hat die gemacht, die Kuh. So eine Nullnummer. Scheiß Wochenende.

Naja, vielleicht fahr ich nächsten Samstag wieder raus ins Topsi.


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